Das französische Studio DON’T NOD, bekannt für seine erzählerischen Spiele wie Life is Strange, befindet sich in einer Phase signifikanter finanzieller Herausforderungen. Die Halbjahreszahlen für 2025 zeichnen ein gemischtes Bild: Während der Umsatz des Studios auf rund 7 Millionen Euro anstieg, verbuchte das Unternehmen gleichzeitig einen beachtlichen Verlust von 20 Millionen Euro. Ein wesentlicher Faktor für dieses Defizit war das unerwartet schwache kommerzielle Abschneiden des neuesten Abenteuerspiels Lost Records: Bloom & Rage, obwohl es über PlayStation Plus zusätzliche Reichweite erhalten sollte.

Ein ehrgeiziges Projekt trifft auf finanzielle Realität

Lost Records: Bloom & Rage, ein narratives Adventure, das die Handschrift der Life is Strange-Macher trägt, sollte ein weiterer Erfolg für DON’T NOD werden. Das Spiel wurde in zwei Teilen veröffentlicht, wobei der erste Teil, „Tape 1: Bloom“, im Februar 2025 erschien und der zweite Teil, „Tape 2: Rage“, im April 2025 folgte. Die Veröffentlichung erfolgte direkt über PlayStation Plus Extra, eine Strategie, die üblicherweise dazu dient, Spielen einen erheblichen Popularitätsschub und eine breite Spielerbasis zu verschaffen.

Trotz dieser strategischen Partnerschaft blieb der kommerzielle Erfolg von Lost Records: Bloom & Rage jedoch hinter den Erwartungen zurück, was sich maßgeblich in den Halbjahreszahlen von DON’T NOD niederschlug. Das Studio musste aufgrund der schwachen Performance des Titels eine Wertminderung von 13,1 Millionen Euro vornehmen, was deutlich macht, dass sich die Investition nicht wie erhofft ausgezahlt hat. Dieser Betrag betrifft zwar lediglich den Buchwert und nicht den Cashflow des Unternehmens, unterstreicht aber die finanziellen Auswirkungen.

Während DON’T NOD im April 2025 angab, dass die Verkaufszahlen des Spiels „im Rahmen der Prognosen“ lagen und dank der Sony-Partnerschaft eine größere Spielerzahl erreicht wurde, zeigen die späteren Halbjahresergebnisse sowie eine Aussage im Oktober 2025, dass Lost Records: Bloom & Rage die Vertriebserwartungen nicht erfüllt hat. Auf Steam erreichte das Spiel lediglich eine Spitze von 2.996 gleichzeitigen Spielern.

PlayStation Plus als Rettungsanker? Eine Analyse

Die Integration von Spielen in Abonnementdienste wie PlayStation Plus kann die finanzielle Landschaft für Entwickler erheblich verändern. Sie bietet eine garantierte Einnahmequelle und eine riesige potenzielle Zielgruppe. Im Fall von Lost Records: Bloom & Rage zeigte sich jedoch, dass selbst diese prominente Platzierung nicht ausreichte, um einen kommerziellen Flop zu verhindern oder die Erwartungen vollständig zu erfüllen.

Die Kritiken zum Spiel waren gemischt. Viele lobten die Stärke der Charaktere und Dialoge, die an frühere Erfolge des Studios erinnerten. Das zweite Tape, „Rage“, wurde ebenfalls für seinen gelungenen Abschluss und die Vertiefung der Konflikte gelobt, bot jedoch noch weniger Gameplay-Elemente als der erste Teil. Einige Rezensionen hoben hervor, dass das Spiel zwar emotional überzeugte und eine authentische 90er-Jahre-Nostalgie vermittelte, jedoch den spielerischen Fortschritt vermissen ließ, den Fans nach Titeln wie Life is Strange erwartet hatten.

Dies deutet darauf hin, dass ein fesselndes narratives Erlebnis allein nicht ausreicht, um in einem zunehmend gesättigten Markt zu bestehen, insbesondere wenn die spielerischen Elemente nicht gleichermaßen überzeugen oder die Erwartungen an ein Adventure-Spiel nicht vollständig erfüllen.

Strategische Neuausrichtung und neue Hoffnungsträger bei DON’T NOD

Trotz des Rückschlags durch Lost Records: Bloom & Rage blickt CEO Oskar Guilbert optimistisch in die Zukunft und betont positive Entwicklungen innerhalb des Unternehmens. DON’T NOD arbeitet an einer besseren Kostenkontrolle und hat ein Performance-Programm implementiert, das bereits erste Einsparungen von rund 1,1 Millionen Euro pro Jahr erzielt.

Ein wichtiger strategischer Schritt ist die neue Partnerschaft mit Netflix. Unter dieser Kooperation entsteht in Montréal ein neues, storybasiertes Spiel, das auf einer bekannten Netflix-Marke basiert. Dieses Projekt soll DON’T NOD stärker im Transmedia-Geschäft positionieren und könnte sich als entscheidender „Rettungsanker“ erweisen.

Zudem stehen weitere Projekte in den Startlöchern. Im zweiten Halbjahr 2025 erschien The Lonesome Guild. Für 2026 ist das Sci-Fi-Adventure Aphelion geplant, das in Zusammenarbeit mit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) entwickelt wird und zum Start im Xbox Game Pass verfügbar sein wird. Dieses Spiel verspricht eine emotionale Reise in ein sterbendes Sonnensystem und setzt auf eine Mischung aus Erkundung, Überleben und spannenden Stealth-Elementen, mit einer Dual-Protagonisten-Struktur, die das Gameplay und den emotionalen Kern der Geschichte prägt. Auch ein weiteres Projekt mit dem Codenamen P14 befindet sich in fortgeschrittenen Verhandlungen.

Fazit

Die Geschichte von Lost Records: Bloom & Rage ist ein deutliches Beispiel dafür, dass selbst die Unterstützung durch eine große Plattform wie PlayStation Plus keinen garantierten Erfolg bedeutet. DON’T NOD, ein Studio mit einer starken kreativen DNA im Bereich narrativer Spiele, befindet sich in einem Umstrukturierungsprozess. Der wirtschaftliche Dämpfer durch Lost Records: Bloom & Rage verdeutlicht die Notwendigkeit, kreative Vision mit einem soliden Kostenbewusstsein und marktorientierten Strategien zu verbinden.

Die neuen Partnerschaften und die bevorstehenden Projekte, insbesondere die Zusammenarbeit mit Netflix und das vielversprechende Aphelion, könnten dem Studio den dringend benötigten Neustart ermöglichen. Ob DON’T NOD es schafft, seine finanzielle Stabilität wiederherzustellen und gleichzeitig weiterhin innovative, emotional ansprechende Geschichten zu liefern, wird die Zukunft zeigen.