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BioWare bestätigt: Loot-Shooter Anthem wird 2026 endgültig eingestellt

Nach Jahren der Enttäuschung und gescheiterten Wiederbelebungsversuchen zieht BioWare endgültig den Stecker bei Anthem. Das kanadische Entwicklerstudio, bekannt für Meisterwerke wie Mass Effect und Dragon Age, gab bekannt, dass die Server des umstrittenen Loot-Shooters im Jahr 2026 für immer abgeschaltet werden. Damit endet eines der spektakulärsten Scheitern in der modernen Videospielgeschichte.
Das Ende einer gescheiterten Vision
Die Nachricht kommt nicht überraschend für Branchenkenner und Spieler gleichermaßen. Anthem, das 2019 mit großen Erwartungen und einem Budget von geschätzten 100 Millionen Dollar veröffentlicht wurde, konnte nie die Versprechen einlösen, die BioWare und Publisher Electronic Arts gemacht hatten. Das Spiel, das als „Destiny-Killer“ angepriesen wurde, entwickelte sich stattdessen zu einem der größten kommerziellen und kritischen Misserfolge der letzten Jahre.
Die Entscheidung, die Server abzuschalten, bedeutet das definitive Ende für alle Anthem-Spieler. Nach der Abschaltung werden weder der Einzelspieler- noch der Mehrspieler-Modus zugänglich sein, da das Spiel eine permanente Internetverbindung erfordert. Spieler, die das Spiel gekauft haben, werden faktisch ein unspielbar gewordenes Produkt in ihrer Bibliothek haben.
Sechs Jahre des Kampfes
Die Entwicklung von Anthem war von Beginn an problematisch. Interne Berichte sprachen von einer chaotischen Entwicklungsphase, in der das Spiel mehrfach grundlegend überarbeitet wurde. BioWare kämpfte jahrelang damit, eine klare Vision für das Projekt zu entwickeln, was zu einem inkonsistenten und uninspirierten Endprodukt führte.
Nach der katastrophalen Veröffentlichung im Februar 2019 versuchte BioWare verzweifelt, das Spiel zu retten. Die Entwickler versprachen regelmäßige Updates, neue Inhalte und grundlegende Verbesserungen. Doch die Spielerbasis schwand kontinuierlich, und die versprochenen großen Updates blieben weitgehend aus.
Im Jahr 2021 kündigte BioWare dann „Anthem Next“ an, eine komplette Überarbeitung des Spiels, die alle Kernprobleme beheben sollte. Das Projekt wurde jedoch bereits nach wenigen Monaten wieder eingestellt, als Electronic Arts entschied, dass weitere Investitionen nicht gerechtfertigt seien.
Finanzielle Katastrophe für EA
Für Electronic Arts bedeutet die endgültige Abschaltung von Anthem das offizielle Ende eines der teuersten Fehlschläge in der Unternehmensgeschichte. Branchenanalysten schätzen, dass EA insgesamt über 200 Millionen Dollar in das Projekt investiert hat, wenn man Entwicklungskosten, Marketing und die gescheiterten Wiederbelebungsversuche zusammenrechnet.
Die schlechten Verkaufszahlen und die negative Presse schadeten nicht nur EAs Reputation, sondern warfen auch Fragen über die Zukunft von BioWare auf. Das Studio, das einst als einer der besten RPG-Entwickler der Welt galt, musste sich anhören, dass es den Kontakt zu seinen Kernstärken verloren habe.
Auswirkungen auf die Spielergemeinschaft
Die kleine, aber treue Spielergemeinschaft von Anthem reagierte mit gemischten Gefühlen auf die Ankündigung. Viele Fans hatten bis zuletzt gehofft, dass BioWare das Spiel noch retten könnte. Die einzigartigen Flugmechaniken und das beeindruckende Grafikdesign hatten durchaus ihre Anhänger gefunden.
„Es ist traurig zu sehen, wie ein Spiel mit so viel Potenzial einfach aufgegeben wird“, kommentierte ein langjähriger Spieler in den sozialen Medien. „Die Javelin-Anzüge zu fliegen war ein fantastisches Gefühl, aber der Rest des Spiels konnte nie mithalten.“
Verbraucherschützer kritisieren hingegen die Praxis, Vollpreis-Spiele zu verkaufen, die später unspielbar werden. Sie fordern gesetzliche Regelungen, die Entwickler dazu verpflichten würden, Offline-Modi bereitzustellen oder Spieler zu entschädigen, wenn Server abgeschaltet werden.
Lehren für die Industrie
Der Fall Anthem dient der Videospielindustrie als mahnendes Beispiel für die Risiken von „Games as a Service“-Modellen. Das Spiel zeigt, wie wichtig es ist, bereits bei der Veröffentlichung ein solides Fundament zu haben, anstatt auf Post-Launch-Updates zu setzen.
Branchenexperten sehen in Anthems Scheitern auch eine Warnung vor der Jagd nach Trends. BioWare versuchte, den Erfolg von Spielen wie Destiny und The Division zu kopieren, verlor dabei aber die eigenen Stärken aus den Augen. Das Studio war bekannt für tiefgreifende Charakterentwicklung und komplexe Storylines – Elemente, die in Anthem völlig fehlten.
BioWares Fokus auf die Zukunft
Mit der Abschaltung von Anthem kann BioWare nun alle Ressourcen auf kommende Projekte konzentrieren. Das Studio arbeitet derzeit an Mass Effect 5 und Dragon Age: Dreadwolf, beides Spiele, die zu den traditionellen Stärken des Entwicklers zurückkehren sollen.
„Wir haben aus unseren Fehlern gelernt“, erklärte ein BioWare-Sprecher. „Unsere Zukunft liegt in dem, was wir am besten können: großartige Einzelspieler-RPGs mit unvergesslichen Charakteren und Geschichten.“
Die Abschaltung von Anthem markiert somit nicht nur das Ende eines gescheiterten Experiments, sondern hoffentlich auch den Beginn einer Rückkehr zu alter Stärke für eines der ehemals renommiertesten Entwicklerstudios der Welt.
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Anthems Ende als Weckruf für eine Branche im Wandel
Der endgültige Abschied von Anthem ist symptomatisch für die aktuellen Herausforderungen der Videospielindustrie. In einer Zeit, in der Entwickler immer größere Risiken eingehen und auf lukrative Live-Service-Modelle setzen, zeigt Anthems Scheitern die Gefahren auf, die entstehen, wenn Ambition und Ausführung nicht zusammenpassen.
Für die Spieler bleibt die Hoffnung, dass BioWare aus diesem kostspieligen Fehler gelernt hat und zu den Qualitäten zurückfindet, die das Studio einst groß gemacht haben. Die Abschaltung von Anthem könnte paradoxerweise der erste Schritt zurück zu alter Größe sein.
